Tag 7 (26.10.17): Speak Up!

Gestern, während dem Workshop, hatte ich ein Parallelerlebnis! Ich bin mir gar nicht sicher, ob man dem so sagen kann, am besten ich erkläre es euch: Wir sind also mitten in der Diskussion am 4. Workshoptag. Es werden einzelne Fälle von uns präsentiert und dann mit allen Teilnehmern besprochen. Als wir den Verlauf eines Kindes besprechen, welches am dritten Tag nach Aufnahme deutliche Zeichen einer beginnenden schweren invasiven Infektion aufweist, bei der Bakterien tief in die verbrannte Haut einwandern (man nennt dies eine Fasciitis, da die Infektion sich in Windeseile bis zur Muskelfascie ausbreitet), beteiligen sich insbesondere die Pflegenden aus Kabul. Wenn diese Komplikation nicht gleich erkannt wird, sterben die betroffenen Kinder. Um die Situation zu verschärfen, erkläre ich den Pflegenden, dass die Verschlechterung des Kindes sich meist gegen Abend abspielt, wenn die Ärzte bereits zuhause oder auf dem Weg nach Hause sind. Deeba, Mauoha und Tamilia bringen viele gute Vorschläge, was man tun könnte, aber keiner der Vorschläge zielt auf die notwendige Massnahme ab, sondern eher darauf, wie man das Kind bis zum nächsten Morgen irgendwie durchbringt.

 

Jetzt braucht es wieder Shobha, die aufsteht und mit ihrer ruhigen, aber bestimmten Art ein klares Statement abgibt: „Ihr redet um den heissen Brei herum“ sagt sie leise zu den Dreien und fährt fort „in einem solchen Fall müsst ihr die Ärzte erreichen und sie davon überzeugen, sofort ins Spital zurückzukommen, um dieses Kind zu operieren – nur so ist sein Leben zu retten!“

 

Shobha: „Ihr redet um den heissen Brei herum!“

 

                 

Shobha: „Jawohl das ist es, ihr müsst euch trauen, wenn ihr euch sicher seit – Speak Up!“

 

Was dann folgt, ist höchst interessant: die Pflegenden zeigen ein verschmitztes Lächeln, das sagen soll „das wissen wir doch“. Die Ärzte aber schauen etwas verlegen zu Boden. Shobha hat das Problem richtig geortet. Und gerade in diesem Moment summt mein iPhone, ich schaue auf die gerade eingegangene E-Mail aus Zürich: Eine Einladung von Liliane Schmid zur „Speak up“- Veranstaltung am gleichen Tag und am 13. Dezember 2017. „Speak up“ – das ist in Kabul so notwendig wie in Zürich und braucht den gleichen Mut, in Kabul wie in Zürich. Na, wisst ihr jetzt, was ich mit Parallelerlebnis meine?

 

In der Pause gibt es viele Diskussionen über die Speak-up-Kultur – auch oder gerade im Afghanischen Team.

 

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