Propranolol-Therapie bei infantilen Hämangiomen

Werden infantile Hämangiome immer mit Propranolol behandelt?

Nein. Da Hämangiome immer gutartig sind und sich in der Regel von alleine zurückbilden, sind die meisten unproblematisch und ungefährlich. Man kann getrost abwarten und muss sie überhaupt nicht behandeln. Einige wenige Hämangiome liegen aber an ungünstigen Stellen, weswegen sie Probleme verursachen können. Eine Behandlung mit Propranolol ist daher sinnvoll, wenn ein Hämangiom schnell wächst und in der Nähe des Auges, der Lippen, der Nase oder der Luftröhre liegt oder im Genitalbereich, wo es häufig zu offenen Wunden (Ulzerationen) kommt, die schmerzhaft sind. Ebenfalls behandelt werden sollten Hämangiome, die aufgrund ihrer Grösse zu einer dauerhaften kosmetischen Beeinträchtigung führen würden. Ziel der Behandlung ist es, das Wachstum aufzuhalten und damit auch die drohende Komplikation abzuwenden oder aber eine raschere Rückbildung zu bewirken.

Was ist Propranolol und wie wirkt es bei Hämangiomen?

Propranolol ist ein Medikament das seit mehreren Jahrzehnten zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt wird. Im Jahr 2008 hat eine Ärztin in Bordeaux (Frankreich) zufällig beobachtet, dass es äussert effektiv bei Hämangiomen wirkt. Seitdem wird es weltweit zur Behandlung von infantilen Hämangiomen eingesetzt, und dies mit hervorragendem Erfolg (siehe Abb 1). 

 

Propranolol bewirkt ein sehr rasches Abblassen des Blutschwamms, oft bereits innerhalb von wenigen Tagen, und stoppt zudem das Wachstum. Ausserdem kommt es viel früher als beim Spontanverlauf zu erwarten wäre zu einer Volumenreduktion des Hämangioms. Es ist dabei noch nicht vollständig geklärt wie Propranolol bei Hämangiomen wirkt. Es spielen sicher mehrere Wirkmechanismen eine Rolle.

 

Verlauf der Propranolol-Therapie bei infantilen Hämangiomen (vor Therapiebeginn, 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 5 Monate und 7 Monate nach Therapiebeginn)

Verlauf der Propranolol-Therapie bei infantilen Hämangiomen (vor Therapiebeginn, 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 5 Monate und 7 Monate nach Therapiebeginn)

 

Gibt es Gründe, warum mein Kind keine Propranololtherapie erhalten darf?

Ja, es gibt wenige sogenannten Kontraindikationen, also bestehende Grunderkrankungen, bei denen man die Einnahme dieses Medikamentes nicht empfiehlt. Ihre behandelnde Ärztin/Ihr behandelnder Arzt wird Ihnen deshalb ein paar Fragen stellen, Ihr Kind wird kardiologisch untersucht und es wird ein EKG durchgeführt, um mögliche Herzrhythmusstörungen aufzudecken. 

Welche Nebenwirkungen kann eine Propranololtherapie haben?

Die Behandlung wird insgesamt äusserst gut toleriert. Hier eine Auflistung der wichtigsten Punkte zu möglichen Nebenwirkungen:

  • Veränderungen des Schlafverhaltens: Propranolol kann einen Einfluss auf das Schlafverhalten haben. Meist tritt dies nur am Anfang auf, wenn das Medikament neu eingenommen wird. Es kann zu Einschlafstörungen kommen oder zu einer Verlängerung der Schlafzeit. Selten wurde über unangenehmes Träumen berichtet.
  • Kühle Hände und Füsse: dies ist eine harmlose Beobachtung
  • Verlangsamung des Herzschlages: Durch Propranolol kann sich die Herzfrequenz, also der Puls, leicht verringern, jedoch liegt der Puls auch unter Therapie in der Regel noch innerhalb der altersentsprechenden Normwerte.
  • Atembeschwerden: Wenn Ihr Kind Asthma hat oder keuchend atmet im Rahmen einer Erkältung, kann dies durch die Einnahme von Propranolol verschlimmert werden. Sollte Ihr Kind solche Beschwerden haben, sollten Sie unverzüglich Ihren Kinderarzt konsultieren. Er kann entscheiden, ob Propranolol während solcher Episoden ggf. vorübergehend gestoppt werden sollte.
  • Erniedrigung des Blutzuckerspiegels: In seltenen Fällen kann Propranolol den Blutzuckerspiegel verringern. Das wiederum kann zu Unwohlsein und selten Ohnmachtsanfällen führen. Mögliche frühe Anzeichen für einen niedrigeren Blutspiegel sind u.a. Zittern und ungewöhnliches Schwitzen. Meist tritt dies nur auf in Zusammenhang mit ungewöhnlich langen Nüchtern-Phasen auf und nicht, wenn ihr Kind regelmässig isst.
  • allergische Reaktionen: Bei allen Medikament kann es zu allergischen Reaktionen kommen, diese sind jedoch bei Propranolol äusserst selten. 

Wie und wann beginnt man mit der Einnahme des Medikamentes?

Die Therapie kann beginnen, sobald Sie alles mit Ihrer zuständigen Ärztin/Ihrem Arzt besprochen haben und die notwendigen Abklärungen erfolgt sind. Je nach Alter Ihres Kindes erfolgt die schrittweise Therapieeinleitung entweder ambulant oder stationär. Dies ist notwendig, um zu überwachen, wie Ihr Kind auf die Einnahme des Medikamentes reagiert und Sie anzuleiten, auf was Sie bei der Gabe achten sollten.

 

Nach Beginn der Therapie ist es wichtig, die Therapie zu überwachen und das Ansprechen des Hämangioms auf die neue Therapie zu kontrollieren. Ebenso muss die Dosierung in regelmässigen Abständen an das aktuelle Körpergewicht angepasst werden.

Was muss ich zu Hause bei der Einnahme von Propranolol beachten?

  • Sie sollten bei der Verabreichung des Medikamentes immer die vorgesehene Dosierungshilfe verwenden und genau so viel des Medikamentes geben, wie für Ihr Kind berechnet wurde.
  • Achten Sie darauf, dass möglichst immer die gleiche Person Ihrem Kind das Medikament verabreicht. Ist dies nicht möglich, messen Sie am besten die notwendige Dosis vorher ab und geben diese an die Person, die das Medikament verabreichen wird, um Dosierungsfehler zu vermeiden.
  • Geben Sie Propranolol am besten zusammen mit einer Mahlzeit (Muttermilch, Formulamilch, Brei etc.), vermeiden Sie jedoch, es mit dem Essen zu vermischen.
  • Zwischen einer und der nächsten Dosis sollten immer mindestens 6 Stunden liegen.
  • Sollte Ihr Kind einmal eine Dosis wieder ausspucken, erbrechen oder sollten Sie sonst unsicher sein, ob und wie viel der Dosis Ihr Kind wirklich bekommen hat, geben Sie nichts nach, sondern warten Sie einfach bis zu nächsten Dosis, die Sie wie gewohnt geben.
  • Geben Sie Ihrem Kind möglichst regelmässig zu essen. Babys unter 6 Monaten sollten nicht länger als 6-stündige Pausen bis zur nächsten Mahlzeit haben, Babys und Kleinkinder über 6 Monate nicht länger als 8-stündige Pausen.
  • Sollte Ihr Kind einmal krank sein und nur wenig trinken, sollten Sie Propranolol selbständig pausieren und Ihren Kinderarzt aufsuchen

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