STIGMA-Studie A

Erlebte Stigmatisierung, Verhaltens­auffälligkeiten und Lebensqualität in Kindern und Jugend­lichen mit einer Auffälligkeit im Gesicht 

Ziel

In der ersten Studie wurde untersucht, ob Kinder und Jugendliche mit einer Hautauffälligkeit im Gesicht in ihrem Alltag stigmatisierende soziale Reaktionen erleben, ob sie beispielsweise angestarrt, ausgelacht oder gemieden werden. Zudem wurde untersucht, wie solche Stigmati­sierungserfahrungen mit der wahrgenom­menen Lebensqualität und das psychische Wohlbefin­den des Kindes zusammenhängen.

Methode

Teilnehmer für diese Studie wurden am Universitäts-Kinderspital Zürich und dem Zentrum für Kinder- und Jugend­medizin des Universitätsklinikums Freiburg (DE) rekrutiert. Insgesamt haben 89 Familien teilgenommen. Die Kinder waren zwischen 9 Monaten und 16 Jahre alt und hatten entweder eine Narbe nach Verbrennung, ein Hämangiom, ein Feuermal oder ein Muttermal im Gesicht. Die Eltern füllten einen Fragebogen aus und betroffene Kinder ab einem Alter von 7 Jahren nahmen an einem standardisierten Interview teil.

Resultate

  • Viele betroffene Kinder und Jugendliche erfahren in ihrem Alltag unangenehme soziale Reaktionen:
    • Die Mehrheit berichtet, dass sie von anderen an­gestarrt werden oder dass sich andere nach ihnen umdrehen.
    • Viele berichten, dass Fremde überrascht oder erschrocken reagieren, wenn sie das Kind sehen.
    • Mehr als 80% der Befragten erleben, dass andere Mitleid ihnen haben.
    • Etwa 40% erleben, dass sie mit Worten beleidigt werden
    • Etwa 25% erleben, dass sie von anderen aufgrund ihrer Hautauffälligkeit ausgelacht werden.
  • Gemäss Elternberichten nimmt das Ausmass der Stigmatisierung mit dem Alter des Kindes sowie mit der Grösse der Auffälligkeit zu, ist aber unabhängig vom Geschlecht des Kindes und von der Art der Auffälligkeit (angeboren vs. erworben).
  • Gemäss Elternbericht besteht bei den untersuchten Kindern und Jugendlichen im Durch­schnitt kein erhöhtes Risiko für Verhaltensauffälligkeiten.
  • In Bezug auf die Lebensquali­tät weisen Vorschulkinder keine Beeinträchtigung auf, während sich bei älteren Kindern sowohl im Eltern- als auch im Selbsturteil diverse Beeinträchtigungen manifestieren, insbesondere im psychischen Wohlbefinden.
  • Das Ausmass der erlebten Stigmatisierung erweist sich als wichtiger Prädiktor für Beeinträch­tigungen der Lebensqualität und des psychischen Befindens: Kinder und Jugendliche, welche häufig stigmatisierende Reak­tionen erleben, haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Einschränkungen in der Lebensqualität und Verhaltensprobleme (z.B. sozialer Rückzug).

Diskussion

Kinder und Jugendliche mit einer Auffälligkeit im Gesicht erleben häufig unangenehme soziale Reaktionen, was ihre Lebensqualität und psychisches Wohlbefinden beeinträchtigen kann. Aufklä­rung und Unterstützung betroffener Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern sind ebenso wichtig wie Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, Vorurteile gegenüber Menschen mit körperlichen Auffälligkeiten abzu­bauen und Stigmatisierung vorzubeugen.

Publikationen