Tag 8 (27.10.17): Einblick in die Station für Brandverletzte am Choithram Hospital in Indore, Indien

Den Tag heute verbringen wir fast ausschliesslich im Spital, auf der Station für Brandverletzte am Choithram Hospital in Indore. Es ist ein guter Ort, um dem Team aus Afghanistan aufzuzeigen, dass mit viel Geduld und dem Willen, etwas zu ändern, wenn auch mit einfachen Mittel, sich viel erreichen lässt.

 

Shobha Chamania und ihr Team haben über viele Jahre hinweg versucht, alles was sie brauchen, um eine gute und teilweise sehr moderne Verbrennungsbehandlung durchzuführen, auf ganz einfache Weise selber herzustellen. Angefangen von den Verbänden, welche sie aus Baumwolltüll und Watte selbst herstellen und dann sterilisieren, bis hin zu der vor zwei Jahren gegründeten Hautbank, dank derer nun auch Patienten mit einer Verbrennung von mehr als 40% der betroffenen Körperoberfläche überleben können.

 

Wie schon gesagt: Alles wird auf das absolut Notwendige reduziert, das heisst, diese Hautbank besteht aus einem Raum aus 10 Quadratmetern, ausgestattet mit einem Labortisch, 3 Kühlschränken, 2 Dermatomen und einem Laborbuch. Selbstverständlich könnte man so in der Schweiz nie und nimmer eine Hautbank betreiben – die Vorschriften würden diesen 10 Quadratmeterraum auf ein 10-faches anwachsen lassen und das Personal, welches in Indien aus einer Person besteht, würde in der Schweiz aus mindestens 4-5 Personen und zusätzlich ca. 2 Stellen für das Controlling bestehen.

Einfach ausgerüsteter Raum zum Abduschen der Patienten auf einer Trage, um danach den Verband zu erneuern. Alles notwendige ist vorhanden, wenn auch in sehr einfacher Form.

              

 

Verbandswechsel bei einem 12-jährigen Kind. Die Station ist momentan überfüllt mit Patienten, aufgrund des „Diwali Fests“, an dem unzählige Feuerwerkskörper mit geringem Sicherheits­standard gezündet werden, wodurch es zu vielen schweren Verbrennungen kommt.

Eingang zur „Burn Unit“. Im Hintergrund Tom Potokar und Shobha Chamaina

 

 

Stolz zeigt Shobha uns das Flachdach der Burn Unit, welches als Multifunktionsort genutzt wird, zum Beispiel für die Physiotherapie, für den Besuch von Verwandten oder als Übernachtungsmöglichkeit für Familien von neuaufgenommenen Patienten.

 

Trotz allem Fortschritt gibt es auch hier, wie in vielen andern Ländern auf der Welt, ein definiertes Limit in Bezug auf die Behandlung von schweren Brandverletzungen und dieses liegt hier in Indore bei Verbrennungen von 70% der Körperoberfläche. Am Eingang der Station gibt es einen Raum nur für’s Sterben – dort werden die Patienten aufgenommen, bei denen es aussichtslos ist, eine Behandlung einzuleiten. Bei diesen Patienten wird eine sogenannte „Comfort Care“ durchgeführt, das heisst, die Patienten bekommen Schmerzmittel und viel Trost von Verwandten und dem Personal – bis dann, oft erst nach 4-5 Tage nach dem schweren Unfall, der Tod eintritt.

 

Nun stellt sich natürlich die Frage, warum das Limit gerade bei 70%Körperoberfläche liegt. Die Antwort ist in Indien ähnlich, wie in Kabul: Einen Patienten mit 70% verbrannter Körperoberfläche durchzubringen würde soviel Ressourcen in Anspruch nehmen, dass das Budget der Station für ein gesamtes Jahr aufgebraucht würde. Dies ist die Antwort der Kollegen aus Indien – einen Unterschied zu Afganistan gibt es aber schon: In Afghanistan liegt das Limit nicht bei 70%, sondern bei 40%betroffener Körperoberfläche.

 

Gruppenfoto nach dem Besuch der Burn Unit

  1. Josée Steenhoek sagt:

    Vielen Dank fürs teilen diesen Erfahrungen. Ich habe sie mit grossem Interesse gelesen und habe grossen Respekt für die Teams in India und Afghanistan die mit den ihnen, eher limitierten zur Verfügung stehende Mitteln die Verbrennungsopfer so gut zu helfen. Grossartig. Hut ab.

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