Morphea (lokalisierte Sklerodermie)

Was ist eine Morphea (lokalisierte Sklerodermie)?

Die lokalisierte Sklerodermie oder Morphea ist eine insgesamt relativ seltene Bindegewebsekrankung der Haut, die typischerweise im Kindesalter beginnt. Es kommt durch Kollagenvermehrung zu einer Verhärtung und Verdickung der Haut. Klassischerweise verläuft die Erkrankung in drei Stadien: Entzündung, Fibrose/Sklerose und Atrophie. Häufig wird Morphea als gutartige, selbstlimitierende Erkrankung betrachtet, welche sich auf die Haut und Unterhautfettgewebe beschränkt. Insbesondere im Kindesalter sind aber tieferliegende Strukturen wie Muskulatur und Knochen oft mitbetroffen, was im Wachstum zu irreversiblen Deformitäten mit bedeutenden funktionellen und kosmetischen Einbussen führen kann. Die lokalisierte Sklerodermie muss von der systemischen Sklerose („systemische Sklerodermie“) abgegrenzt werden, denn eine Beteiligung der inneren Organe kommt nicht vor. Mädchen sind 2-3x häufiger betroffen als Knaben. Das durchschnittliche Manifestationsalter beträgt 7 Jahre, wobei der lineäre Subtyp auch bereits bei Geburt auftreten kann.

Wie zeigt sich die lokalisierte Sklerodermie?

Die Morphea manifestiert sich mit unterschiedlichen Erscheinungsbildern. Bei der Plaque-Morphea finden sich klassischerweise umschriebene rundliche bis ovale verhärtete teils weisslich glänzende Herde mit rötlichem Randsaum. Dabei sind die Veränderungen meist oberflächlich. Die lineäre Morphea ist bei weitem die häufigste Form im Kindesalter und somit von besonderer Bedeutung. Es finden sich dabei einzelne oder mehrere meist am Körper einseitig auftretende bandförmige Läsionen entlang einer Extremität, am Kopf oder auch am Stamm. Nebst Veränderungen der Haut und Subkutis sind meist darunterliegende Muskulatur und Knochen betroffen. Dieser Prozess kann im Wachstum zu  Gelenkskontrakturen, -deformitäten, Arm- oder Beinlängendifferenzen führen. Die lineäre Morphea am Kopf wird als en ‚coup de sabre Subtyp‘ bezeichnet, analog der Erscheinung einer “Säbelhiebverletzung” mit lineärer Eindellung im Gesicht. In gewissen schwereren Fällen entsteht ein Gewebeverlust der einen Gesichtshälfte mit deutlicher Asymmetrie (sog. hemifaziale Atrophie, Parry Romberg Syndrom). Mögliche Komplikationen der lineären Morphea am Kopf beinhalten vernarbte kahle Stellen der Kopfhaut, Epilepsie, Migräne, Hirngefässentzündungen, Kiefer- und Zahnstellungsanomalien sowie eine entzündliche Augenbeteiligung (Uveitis).

Ursache und Krankheitsentstehung

Die genaue Ursache der Morphea ist bis heute unklar. Es wurden verschiedene mögliche auslösende Faktoren beschrieben, wie virale oder bakterielle Infektionen, Unfälle, hormonelle Faktoren und Autoimmunerkrankungen. Für eine Autoimmun-Hypothese spricht die Tatsache, dass bei ca. 40% der betroffenen Kinder sog. positive antinukleäre Antikörper vorhanden sind und in der Familien etwas gehäuft Autoimmunerkrankungen vorkommen. Es konnte aber gezeigt werden, dass die lineäre Morphea entlang den sog. Blaschko-Linien, d.h. definierten Wanderwegen embryonaler Zellen verläuft, was für ein zugrundeliegende genetische Veranlagung (genetisches Mosaik) spricht. Eine klassische Vererbung der Ekrankung innerhalb derselben Familie kommt nicht vor.

Diagnosestellung und Abklärungen

Die Diagnose wird in der Regel anhand des Erscheinungsbildes mit dermatologischer Fachexpertise gestellt. Zur Diagnosesicherung kann eine Hautbiopsie zur histologischen Untersuchung durchgeführt werden. Eine Magnetresonanztomografie wird zur erweiterten Diagnostik bei Läsionen am Kopf und bei Verdacht auf Mitbeteiligung tieferer Strukturen wie Muskulatur und Gelenke durchgeführt. Die Erfassung der Krankheitsaktivität im Verlauf ist für das Management von Patienten mit Morphea ein wichtiger aber schwieriger Faktor. Die klinischen Aktivitätszeichen sind oft nur diskret ausgeprägt und Laborwerte zur Aktivitätsbeurteilung ungeeignet. Wichtig sind dabei möglichst standartisiert aufgenommene Fotografien der betroffenen Areale. Die Abklärung und Behandlung von Kindern mit lokalisierter Sklerodermie sollte durch Experten auf dem Gebiet der pädiatrische Dermatologie erfolgen, je nach Manifestationsform in Zusammenarbeit mit pädiatrischen Rheumatologen, Physiotherapeuten, Kieferchirurgen, Plastischen Chirurgen, Neurologen oder Ophthalmologen.

Prognose und Therapie

Verlauf und Prognose der Morphea sind individuell sehr unterschiedlich und vom klinischen Subtyp abhängig. Die Plaque-Morphea zeigt prinizpiell einen milderen Verlauf als die anderen Subtypen. Üblicherweise ist die Krankheit während 4-8 Jahren aktiv und stoppt dann von selbst im Sinne eines „Ausbrennens“. Die lineäre Morphea ist allerdings während der Aktivitätssphase im Kindesalter oft rasch progredient und resultiert dann in funktionellen und kosmetischen Einschränkungen, wenn nicht rechtzeitig mit einer adäquaten Behandlung begonnen wird. Insbesondere bei jungen Kindern kann es nach einer inaktiven Phase von mehreren Jahren zu einer Reaktivierung der Erkrankung kommen.

Eine rein lokale Behandlung (mit z.B. kortison-haltigen Cremes, Calcipotriol, Tacrolimus) empfiehlt sich nur bei der oberflächlichen Plaque-Morphea mit geringer Ausdehnung. Für ausgedehntere Befunde einer Plaque-Morphoea (mit mehreren Flecken) kommt zudem eine Lichttherapie (UVA-1 oder UVB narrow band) in Frage. Für die im Kindesalter vorherrschende lineäre Sklerodermie ist heute die Therapie der Wahl eine Kombination von systemischen Kortikosteroiden und niedrig-dosiertem Methotrexat. Die dazu publizierten Therapieschemas beinhalten in der Regel eine Pulstherapie mit intravenösem Methylprednisolon (Infusionen) im Sinne einer antientzündliche Induktion, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit wöchentlicher Methotrexatgabe (oral oder subkutan gespritzt). Mit dieser Therapie kann das Fortschreiten der Erkrankung gestoppt und in den meisten Fällen eine deutliche Verbesserung des klinischen Erscheinungsbildes erreicht werden. Bei hartnäckigen Fällen und zögerlichem Therapieansprechen kommen heute zudem Medikamente wie Abatacept (Orencia) oder Mycophenolatmofetil (Cellcept) zum Einsatz und werden aktuell weiter untersucht.

Fazit für die Praxis

Die Diagnose einer Morphea oder lokalisierten Sklerodermie sollte bei Kindern mit folgenden Hautveränderungen in Erwägung gezogen werden: nicht-abheilende Makula oder Plaque mit Erythem, Teleangiektasien, Hyper- oder Hypopigmentierungen, Induration/Sklerosierung („elfenbeinfarbene Verhärtung“), Eindellung/Atrophie, Umfangsabnahme einer Extremität, vernarbender Alopezie und lokalisierter Verlust der Körperbehaarung (inkl. Wimpern, Augenbrauen). Bei klinischen Verdacht auf lokalisierte Sklerodermie ist eine unverzügliche weitere Abklärung in die Wege zu leiten. Es stehen heute effiziente Therapien für den Einsatz im Kindesalter zur Verfügung, durch welche das Fortschreiten der Erkrankung gestoppt und schwerwiegende Folgen verhindert werden können.

Kinder mit Morphea werden am Kinderspital Zürich in den Privatsprechstunden der kinderdermatologischen Kaderärzte behandelt, wobei aufgrund der grossen Expertise auf dem Gebiet die Abteilungsleiterin Frau PD Dr. L. Weibel die Therapiestrategien mitevaluiert.

August 2021

PD Dr. Lisa Weibel

Abteilungsleiterin Pädiatrische Dermatologie

Universitätskinderspital Zürich

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